Wer war Francisco Boix?

Vom 24. bis 28. Oktober 2023 fand an der Escola Voramar in Barcelona der erste Teil eines ungewöhnlichen Geschichtsprojekts statt, das 15 Erasmus-Schülerinnen und Schüler der Jgst. 10 der Goetheschule ‘In the Darkroom of History’ / ‘In die Dunkelkammer der Geschichte’ führte.

FRANCISCO BOIX & DIE FOTOS AUS MAUTHAUSEN

Im Mittelpunkt der Projektarbeit stand der Fotograf Francisco Boix, oder auf Katalanisch Francesc Boix, der sich in den 1930er Jahren in Spanien für die Demokratie und gegen den Faschismus engagierte. Die Nationalsozialisten nahmen ihn 1940 gefangen und verschleppten ihn nach Mauthausen, wo Boix Teil einer Widerstandsgruppe wurde, die heimlich Negative aus dem Konzentrationslager schmuggelte, um Beweise für die dort verübten Gräueltaten zu sichern.

Boix wird heute in Barcelona für seinen Mut und sein Engagement verehrt. Es dauerte jedoch lange, bis ihm breite Anerkennung zuteil wurde. Erst als vor rund zehn Jahren sein Nachlass dem Museu d’Història de Catalunya überantwortet wurde und dieses eine Ausstellung über Boix organisierte, wurde die breite Öffentlichkeit auf seine Leistungen aufmerksam.

PAUL RICKEN & DIE FOTOS AUS MAUTHAUSEN

Diese Aufnahme aus unserem Schularchiv zeigt Ricken, der für seine Verbrechen zu lebenslanger Haft verurteilt worden war, nach seiner Begnadigung, wahrscheinlich zu Beginn der 60er Jahre.

Für unsere Partnerschule ist Boix eine wichtige Person des lokalen Widerstands, aber auch für uns an der Goetheschule ist sein Schicksal eng mit unserer eigenen Geschichte verknüpft. Paul Ricken, der Leiter des Erkennungsdienstes von Mauthausen, unter dem Boix Zwangsarbeit im Lager leisten musste, war nämlich zuvor über 20 Jahre als Kunstlehrer an unserer Schule tätig und zeigte sich schon während dieser Zeit als überzeugter Nationalsozialist. In einem zweiten Projektteil im Juni 2024 werden sich deutsche und katalanische Schülerinnen und Schüler in Essen mit der Rolle dieses NS-Täters auseinandersetzen.

IN THE DARKROOM OF HISTORY

Im ersten Teil des Projektes in Barcelona stand die Geschichte der Opfer im Mittelpunkt. Im Museum für katalanische Geschichte führte die Fotografin Mon Casas, die für Educació clicme tätig ist, die Schülerinnen und Schüler am Mittwoch, dem 25. Oktober 2023, in englischer Sprache in die geschichtlichen Ereignisse ein.

Das Geschichtsmuseum hat etwa 400 Fotos von Boix in seiner Sammlung. Anna Pointner half den Widerstandskämpfern und versteckte viele der Negative aus dem KZ in ihrer Gartenmauer. Die Fotos wurden in der Nachkriegszeit, zusammen mit Boix’ Aussagen, zur Grundlage in verschiedenen Prozessen gegen hochrangige NS-Verbrecher.

Im Anschluss an den Vortrag von Frau Casas wurden die 30 spanischen und deutschen Schülerinnen und Schüler aufgefordert, zur Erinnerung ein eigenes Heft über Boix’ Geschichte zu gestalten – mit Kopien ausgewählter Originalaufnahmen, die das Museum zur Verfügung stellte.

Die Schülerinnen und Schüler konnten selbst entscheiden, wie sie den Innenteil der Broschüren gestalten wollten, zum Beispiel als historische Dokumentation der Ereignisse, als kreative Auseinandersetzung oder als ganz persönlichen Rückblick im Tagebuchstil.

Einige Schüler stellten anschließend der Gruppe ihr Gestaltungskonzept anhand ihres fertigen ‘Booklets’ vor.

Zum Abschluss schrieben die Schülerinnen und Schüler kurze, persönliche Botschaften an Francisco Boix, Anna Pointner und die Widerstandsgruppe. Auf bunten Klebezetteln wurden die Kommentare gesammelt.

Am Ende dieses ersten Projekttages gab es viele Informationen zu verarbeiten, aber die Schülerinnen und Schüler hatten auch wichtige Impulse für die weitere Arbeit bekommen, so dass es ihnen gelang, die Geschichte von Boix und seinen Freunden weiterzutragen, indem sie an den folgenden Tagen eine gemeinsame Ausstellung in der Schule gestalteten.

Projektbetreuung: Karmen Heup & Jessica Cereto Martinez, Goetheschule Essen

Fotos: Karmen Heup, Archiv der Goetheschule Essen, Archiv des Museu d’Història de Catalunya