Studieren in Oxford und Cambridge: Sieben Mythen über Englands Elite-Unis

Oxford und Cambridge, kurz Oxbridge, gehören unbestritten zu den besten Universitäten der Welt. Dort aufgenommen zu werden ist nicht leicht und aufgrund der besonderen Organisation des Studiums auch längst nicht für alle leistungsstarken Schülerinnen und Schüler ein erstrebenswertes Ziel. Hier die häufigsten Missverständnisse rund um die folgenden Fragen:

1. Wie wichtig sind schulische Leistungen?
2. Wie wichtig ist außerschulischess Engagement?
3. Wie wichtig ist die Begeisterung für das Studienfach?
4. Wie erfolgt die Wissensvermittlung à la Oxbridge?
5. Wie wichtig ist die Wahl des richtigen College?
6. Wie bewirbt man sich für Oxford oder Cambridge?
7. Wie hoch sind die Studienkosten?

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1. Wie wichtig sind schulische Leistungen?

„Sehr gute schulische Leistungen sind Grundvoraussetzung für die Aufnahme an führenden Hochschulen.“ Das stimmt natürlich. Allerdings genügen sehr gute Noten allein selten. Wer sich in Großbritannien um einen Studienplatz bewirbt, muss generell 75% seines Bewerbungsschreibens (Personal Statement) auf seine bisherigen akademischen Leistungen beziehen. Da in Oxford und Cambridge auf jeden freien Platz im Durchschnitt fünf Bewerber kommen, sollte man versuchen sich von der Masse abzuheben, z. B. durch Sprachzertifikate oder die erfolgreiche Teilnahme an Wettbewerben, Schnupperseminaren und IB-Kursen. Einige Colleges wählen bevorzugt deutsche Bewerberinnen und Bewerber mit Abitur und IB, weil sie den Doppelabschluss als Zeichen für hohe Leistungsfähigkeit, Effizienz und Selbstständigkeit sehen.

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 2. Wie wichtig ist außerschulisches Engagement?

„Ein exzellenter Sportler, der z. B. hervorragend ins Ruderteam der Uni passen würde, hat Vorteile bei der Bewerbung.“ Diese Aussage trifft mit Blick auf viele amerikanische Hochschulen tatsächlich zu. Für alle britischen Spitzenuniversitäten gilt jedoch, dass der Fokus im Auswahlverfahren ausschließlich auf den akademischen Leistungen liegt. Ein admission officer der Uni Oxford brachte es im Gespräch auf den Punkt: „Uns interessiert der sportliche, kreative und soziale Einsatz der Bewerber nicht. Wir gehen selbst-verständlich davon aus, dass sie sich nachweisbar in diesen Bereichen engagieren, aber es gibt keine Pluspunkte für bestimmte Aktivitäten.“

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3. Wie wichtig ist die Begeisterung für das Studienfach?

Eine denkbar schlechte Begründung, um eine Bewerbung in Oxford oder Cambridge ins Auge zu fassen, lautet: „Ich mag das Fach irgendwie“. Beide Universitäten suchen nämlich nach Kandidatinnen und Kandidaten, die von ihrem späteren Studienfach absolut fasziniert sind, sich auch in ihrer Freizeit damit beschäftigen und realistische Vorstellungen von den Anforderungen haben, die Studium und Beruf an sie stellen werden. Praktika sind eine wichtige und gern gesehene Qualifikation, ebenso wie die Teilnahme an „open days“ oder „taster courses“, die von vielen Universitäten angeboten werden und nicht zu verwechseln sind mit den kommerziellen „summer schools“, die oft von Drittanbietern durchgeführt werden, welche Räume auf dem Campus anmieten. Echtes Interesse für einen Studiengang kann man aber auch durch die eigene Lektüre unter Beweis stellen, indem man – just for fun – wissenschaftliche Artikel und Bücher liest.

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4. Wie erfolgt die Wissensvermittlung à la Oxbridge?

Sollte man leistungsstarke Schülerinnen und Schüler grundsätzlich ermutigen sich in Oxford oder Cambridge zu bewerben? Kein seriöser Studienberater würde das empfehlen, denn das sogenannte Tutorial System in Oxford bzw. das Supervision System in Cambridge stellt außergewöhnlich hohe Ansprüche an die Studierenden. Was hier als Tutorien bezeichnet wird, meint nicht die Bildung kleiner Lerngruppen, die Studierenden das Verständnis des Lernstoffs erleichtern. Erwartet wird vielmehr, dass Studentinnen und Studenten eine gründlich recherchierte, schriftliche Arbeit pro Woche erstellen und diese in kleiner Runde von 1-3 Studierenden mit einem Dozenten besprechen, der rigoros auf Fehler, Schwachstellen oder alternative Ansätze hinweist. Im zweiten Studienjahr gibt es neben Vorlesungen und Seminaren häufig schon zwei Tutorials bzw. Supervisions pro Woche. Die Vorteile dieser Art der Wissensvermittlung: Man erhält direktes und sehr persönliches Feedback zu seiner Arbeit, lernt viel Neues in kurzer Zeit und gewöhnt sich daran seine Ideen zu begründen und zu verteidigen. Die Nachteile sind ebenso offensichtlich: Der Druck ist groß, man darf sich nicht frustrieren lassen und muss bereit sein, sich die theoretischen Grundlagen des Faches rasch und weitgehend selbstständig zu erarbeiten. Für manche also ein idealer Lernansatz, für andere überhaupt nicht.

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5. Wie wichtig ist die Wahl des richtigen College?

Vielen Schülerinnen und Schüler erscheint bei der Bewerbung für Oxford und Cambridge die Wahl eines geeigneten College von großer Wichtigkeit zu sein. Tatsächlich sollte man darauf allerdings möglichst wenig Zeit verwenden. Colleges sind Einrichtungen der jeweiligen Universität, in denen Studentinnen und Studenten unterschiedlichster Fachrichtungen zusammen wohnen, essen, arbeiten und feiern. Ziel ist es, dass sich Freundschaften zwischen Kommilitonen entwickeln, die sich im Hörsaal nie begegnet wären. Seminare und Vorlesungen für die einzelnen Fächer werden jedoch collegeübergreifend nach einheitlichen Standards organisiert. Im akademischen Sinne gibt es also keine guten oder schlechten Colleges. Zwar kann die Art der Unterbringung je nach Alter und finanzieller Ausstatttung des College sehr unterschiedlich ausfallen, aber auch wer in einem der ehemaligen Women’s Colleges aus dem 19. oder 20. Jahrhundert wohnt, muss nicht auf Harry Potter-Flair verzichten, denn schließlich pendelt man regelmäßig zum Unterricht an andere Colleges. Eine Garantie, dass ein Bewerber wirklich für sein Wunsch-College berücksichtigt wird, gibt es ohnehin nicht. Eine Open Application, bei der man der Universität die Wahl des College überlässt, kann also eine sinnvolle Alternative sein.

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6. Wie bewirbt man sich für Oxford oder Cambridge?

Bewerbungen für Oxford oder Cambridge können – wie für alle anderen britischen Universitäten – online über UCAS erfolgen. Das wissen die meisten Bewerber. Was manche nicht wissen: Die Unis haben vereinbart im Bewerbungsverfahren nicht miteinander zu konkurrieren. Daher ist es nicht möglich eine application gleichzeitig an beide Universitäten zu richten. Beachten muss man außerdem, dass die Fristen für Oxbridge-Bewerber bereits am 15. Oktober enden. Liegt die Bewerbung bis dahin nicht vollständig vor, gibt es keine Chance auf Aufnahme ins Wintersemester des Folgejahres. Informieren sollte man sich auch über eventuelle Einstufungstests, die in der Regel bis zum 6. November in einem Testzentrum absolviert werden müssen.

Nur wenige Bewerberinnen und Bewerber werden Anfang Dezember zu einer Reihe von Vorstellungsgesprächen an verschiedene Colleges eingeladen. Von denjenigen, die ein interview absolviert haben, erhält am Ende des Auswahlprozesses nur jeder Zweite oder Dritte ein Studienplatzangebot. Glück ist dabei ein wesenlticher Faktor, weil alle Colleges eine möglichst große Vielfalt (diversity) unter ihren Studierenden anstreben. Am Ende heißt es also Daumen drücken und hoffen, dass man ein bisschen anders ist als alle anderen.

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7. Wie hoch sind die Studienkosten?

Zum Schluss noch ein Klassiker unter den Mythen rund um das Studium in Oxford und Cambridge: Hartnäckig hält sich das Gerücht, britische Elite-Universitäten seien teurer als andere Hochschulen. Dabei sind fast alle Top-Unis, die sich auf den Ranking-Listen die vorderen Plätze teilen, staatliche Einrichtungen. Auch Oxford und Cambridge gehören dazu und müssen sich an die gesetzliche Deckelung der Studiengebühren halten. Tuition Fees in Großbritannien dürfen zur Zeit maximal £9.000 pro Jahr betragen, die auf Antrag gestundet werden, so dass die Gebühren erst dann in kleinen Raten gezahlt werden, wenn nach Abschluss des Studiums eigenes Einkommen erzielt wird. Da die Unterbringung an den Colleges in Oxbridge vergleichsweise günstig ist, können die Gesamtkosten für ein Studium dort sogar niedriger sein als an der LSE, dem UCL oder dem Imperial College London.

Mehr Informationen gibt es unter Oxford und Cambridge University.

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