Schmerzhafte Erinnerungen
Fröhliche Sechstklässler scharen sich um ihren Klassenlehrer. Es ist das Schuljahr 1932/33, als dieses Foto an der Goetheschule entsteht und wohl niemand ahnt, dass einige aus dieser Gruppe wenige Jahr später deportiert und in Konzentrationslagern ermordet werden würden. Und doch war schon damals spürbar, dass Klassenzimmer keine sicheren Orte mehr waren: Tolerante und weltoffene Lehrer gerieten zunehmend unter Druck, während andere begannen, unverhohlen ihre Verachtung für jüdische Schüler zu zeigen.
An das Schicksal derer, die an unserer Schule keine unbeschwerte Kindheit hatten und deren Leben viel zu früh gewaltsam beendet wurde, haben wir am Donnerstag, dem 19. Mai 2022, erinnert. Acht Stolpersteine wurden als bleibende Mahnmale in den Gehweg vor der Schule eingelassen.
Möglich wurde die Stolperstein-Verlegung vor allem dank der Unterstützung von Frau Birgit Hartings (rechts), Beauftragte für die Stolpersteine des Historischen Vereins für Stadt und Stift Essen e.V., und Frau Dr. Claudia Kauertz (links), Institutsleiterin des Hauses der Essener Geschichte/Stadtarchiv.
Lebendige Erinnerung
In einer Zeit, in der kaum noch Zeitzeugen von ihren Erfahrungen berichten können und erste Stimmen fordern, den Nationalsozialismus aus den Lehrplänen und der kollektiven Erinnerung zu streichen, braucht es Menschen, die die Erinnerung an der Vergangene lebendig halten, um daraus für die Zukunft zu lernen. Wir danken daher allen sehr herzlich, die sich engagiert haben. Dazu gehören vor allem
- die Schülerinnen und Schüler des Geschichtszusatzkurses der Jgst. 12 von Herrn Herdemerten, die ausführlich über die Schicksale der acht Ermordeten recherchiert und im Vestibül eine Ausstellung erstellt haben
- die Schülerinnen und Schüler des Grundkurses Kunst der Jahrgangsstufe 11 von Frau Bieniek, die der Frage nachgegangen sind, ob und wie es heute möglich ist, sich künstlerisch mit den Verbrechen der NS-Zeit auseinanderzusetzen. Ihre Bilder sind ebenfalls im Vestibül zu sehen.
- die Mitglieder des Chores, die das musikalische Rahmenprogramm gestaltet und mit Frau Müller-Notthoff und Frau Wieseler auch ein Lied in Jiddisch einstudiert haben
- die bescheidenen Helferinnen und Helfer im Hintergrund, die sich zum Beispiel um die Gäste und die Technik gekümmert haben.
Erinnerung, die bleibt: Stolperstein-Verlegung 2024
Unser Erinnerungsprojekt ist mit der Verlegung der ersten Steine aber noch nicht zu Ende. Im nächsten und übernächsten Schuljahr wollen wir Informationen über die Schüler und Lehrer der Goetheschule zusammentragen, die während der NS-Zeit verfolgt wurden und ihr Leben nur durch Flucht retten konnten. Auch ihre traumatischen Erfahrungen durch den Verlust von Heimat, Freunden und Familie soll nicht vergessen werden. Daneben wollen wir uns anschauen, wie in Essen generell an die Opfer des NS-Regimes erinnert wird.
Die Vorbereitungen für die Stolperstein-Verlegung 2024 haben in der Jgst. 9 und 10 bereits begonnen, mit Teilprojekten zu
- dem Alten Jüdischen Friedhof in Essen als Erinnerungsort
- der Alten Synagoge Essen als Erinnerungsort
- Mahnmalen in der Essener Innenstadt
Never again! Wir werden nicht vergessen – Nie wieder! We will remember.