NS-Täter Paul Ricken

Im Schuljahrbuch der Goetheschule aus dem Jahr 1935 präsentiert er sich stolz in SS-Reitermontur: Paul Ricken, Kunstlehrer für die Jungen am Rüttenscheider Gymnasium, das nach dem Krieg mit der heutigen Goetheschule in Bredeney zusammengeführt wurde. In die Geschichte sollte er eingehen, als er Ende der 30er Jahre nach Mauthausen versetzt wurde, wo er schnell zum Leiter des Erkennungsdienstes aufstieg.

Seine Fotos waren in erster Linie für Propaganda- und Verwaltungszwecke gedacht. Zeugen berichteten später vor Gericht, dass Ricken mit den Lagerfotos gezielte Geschichtsfälschung betrieb. Todesfälle wurden im Nachgang oft so inszeniert, dass der Eindruck entstehen sollte, die Menschen seien auf der Flucht erschossen worden.

Mitte der fünfziger Jahre entstand diese Aufnahme von Ricken als Fotograf, die heute zum Bestand des Schularchivs gehört.

Ricken sah sich zudem als Künstler mit der Mission, Folter, Elend und Tod möglichst ästhetisch abzubilden, so dass der Betrachter daran Gefallen finden sollte. Seine menschenverachtende Einstellung wurde auch deutlich, als er zum stellv. Leiter des KZ-Außenlagers Leibnitz aufstieg, wo er kurz vor der Ankunft der Alliierten 500 Häftlinge auf einen brutalen Todesmarsch schickte.

Nach Kriegsende 1946 wurde Ricken zu lebenslanger Haft verurteilt, aber schon Mitte der fünfziger Jahre wieder auf freien Fuß gesetzt. Er bemühte sich um eine Wiederanstellung an der Goetheschule, die schließlich abgelehnt wurde, und fand danach eine Anstellung in einer Düsseldorfer Werbeagentur.

Vom 12. bis 14. Juni 2024 hatten Schülerinnen und Schüler aus verschiedenen Geschichts- und Religionskursen sowie Lehrerinnen und Lehrer Gelegenheit, sich von Dr. Gregor Holzinger, Leiter der Forschungsstelle der KZ-Gedenkstätte Mauthausen, in die Geschichte des Lagers und die Aufarbeitung der Verbrechen von Paul Ricken einführen zu lassen.

Als Erasmus-Schule konnte die Goetheschule die Einladung von Dr. Holzinger, der insbesondere zu NS-Tätern der zweiten Reihe forscht, aus EU-Mitteln finanzieren. Er berichtete den Schülerinnen und Schülern auch über die Mischung von historischen Fakten und Fiktion in der Graphic Novel “The Photographer of Mauthausen”.

Vorträge und Diskussionsrunden wurden in deutscher und in englischer Sprache angeboten, so dass auch 12 Erasmus-Schülerinnen und -Schüler der Escola Voramar teilnehmen konnten, die sich in Barcelona mit ihren deutschen Partnerschülern bereits mit dem Widerstand von Francisco Boix gegen Paul Ricken beschäftigt hatten.

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Karmen Heup, Erasmuskoordinatorin